An diesem Tag merkt man Cetin, der schon seit Jahren in dieser Firma arbeitet, eine Veränderung an. An seiner Stimme, seinem Ton und an seinem Verhalten merkt man sofort, dass etwas Außergewöhnliches ihn bewegt. An diesem Morgen sieht er richtig nachdenklich aus. Auch seine Reden sind hart, aber auch eindrucksvoll.

Er wirft seiner Umgebung nur kurze Blicke zu, macht seine Arbeit. Er möchte seinen Kopf nicht heben und mit jemanden reden. Gewöhnlich werden bei dieser Arbeit die ungelernten und ausländischen Arbeiter beschimpft, indem Wörter benutzt werden, die diese verletzen. Es kommt hinzu, dass nicht nur nötige, sondern auch unnötige Befehle gegeben werden. Er lässt sich jedoch durch solche Behandlungen nicht stören. Die  Fragen seines Gegenübers beantwortet er klar und ruhig, oder schaut ihn lächelnd in die Augen. Mit diesem Lächeln will er seinen Arbeitskollegen sagen:

”Daß ihre Handlungsweisen unmenschlich sind. Wie könnt ihr nur so reden und handeln?”

Nach den Blickkontakten entfernt er sich, auch wenn es nur für einige Minuten ist, und versucht so, die gegenseitige menschliche Achtung voreinander zu erhalten. Heute ist der Tag, an dem sich die christliche Gesellschaft, der christliche Glauben und die Glaubenden , die Respekt vor Jesus haben, lustvoll auf die Weihnachtsfeier vorbereitet. Bei jeder Arbeitsstelle werden große oder kleine Feiern veranstaltet. Man verträgt sich, und unter den Menschen wird Freundschaft verbreitet, indem Beziehungen zwischen Verwandten und Bekannten zu erweitern versucht werden. In vergangenen Zeiten war es so, aber heutzutage ist in der kapitalistischen Gesellschaft Geld, Vermögen und Beruf das wichtigste. Ist es für die Menschlichkeit, die Liebe, den Frieden oder für die Freundschaft?

In unserer Umwelt gibt es viele, die sich in der Einsamkeit quälen und ihren ehrlich verdienten Lohn nicht bekommen, wie viele sind es? Warum wird ihnen nicht geholfen? Warum wird den Problemen kein Interesse entgegengebracht? Wenn die ganzen Ausgaben für den Egoismus und das Vergnügen nicht sind, wofür dann?

Cetin hört, wie sie über Jesus reden, beobachtet jedoch auch, wie sie handeln, Geld zum Fenster hinauswerfen.

”Glauben diese Menschen wirklich an Jesus und feiern seinen Geburtstag mit so vielen Ausgaben, wenn sie sich nicht einmal mit den eigenen Eltern und Geschwistern beschäftigen und um deren Probleme bemüht sind” überlegte er und stellte sich Hunderte von Fragen. Heute wollte der Leiter der Lacklaboranten,

Dr. Klocke, dass alle Ingenieure und Laboranten gemeinsam frühstücken und sich amüsieren. Auf den Tischen im Frühstückssaal liegen weiße Decken. Zwischen Besteck und Kerzen zierten Tannenzweige die Tische. Außerdem sind in jeder Ecke des Saales Tannenbäume mit verschiedenen Farben beleuchtet. Es wurden verschiedene Würste, Käsesorten und Marmeladen, auf den Tischen befindlich, angeboten.

Heute erleben die Laboranten und Angestellten etwas, was außergewöhnlich ist.

Sie sind auf einer Weihnachtsfeier. Es sitzen Damen und Herren nebeneinander und gegenüber. Unter den bunten Lichtern sehen Jung und Alt ähnlich aus, sie haben alle junge Herzen. Sie verhalten sich nach Wunsch. Einige schmusen mit den Haaren ihres Nachbarn oder legen die Hand auf die ihres Nachbarn und schauen sich in die Augen. Es schien, als ob sie die Sehnsucht, die das ganze Jahr über besteht, vergehen ließen. Einige diskutierten mit hoher Stimme, lächelten und kicherten dabei.

In dieser Abteilung gibt es noch fünf weitere Menschen, die heute aber nicht unter diesen sind. Sie machen dieselbe Arbeit, aber man sieht sie als ungelernte, einfache Arbeiter und sie bekommen einen niedrigeren Lohn. Sie machen die dreckigste und schwerste Arbeit. Es bleibt nicht beim Putzen, sondern machen auch Botengänge, sie bringen Rohstoffe, Farben, Oberlacke und Produktproben. Sie übernehmen wichtige Arbeiten der Laboranten nebenbei, wie z. B. den Post- gang. Es reicht auch nicht aus, dass sie die Farben und Namen kennen müssen, sie müssen auch wissen, wo sie sind, wer sie hat, in welchem Lager sie sind und in welcher Ecke. In dieser Abteilung arbeiten um die 120 Laboranten und Ingenieure. Jeder kennt nur seine Arbeit. Durch den Kontakt mit den verschiedensten Bereichen bekommen die ungelernten Arbeiter sehr viel Erfahrung. Sie wissen, ob Rohstoffe, z. B. Lacke und Farbproben, in Ordnung sind oder nicht. Es ist bei jeder Arbeit so, dass man die Werkstoffe, aber auch die Perspektiven der Menschen, kennt, da man mit ihnen in Berührung kommt.

Es reicht in dieser Gesellschaft nicht, dass du Erfahrungen und Wissen hast, bei der Arbeitsstelle ist deine Stellung wichtig. Dein verdienter Lohn ist wichtig, denn die meisten Menschen stufen dich nach Gehalt und Titel ein. In der Kantine kommt so schnell kein Ingenieur und Laborant an deinen Tisch und isst mit dir. Wenn du ein Arbeiter bist, bezieht sich das Gespräch nur auf die Arbeit und auf die zu gebenden Befehle.

Von diesen einfachen Arbeitern kam heute morgen Frau Hoppe vom 3. Stock herunter. Als sie die Treppe herunterstieg, merkte sie, dass ihr Herz wie eine Trommel schlug. In ihr verbreitete sich ein Hass. Sie befand sich auf einmal in dem Festsaal. Sie hielt vor der Tür, ihre Hand an der Türklinke, doch dann wich sie ängstlich zurück. Sie lehnt sich an die Wand. Sie hört das Gelächter von innen. Dann öffnet sie ängstlich die Tür und streckt den Kopf hinein. Sie lächelt jeden einzeln an, schüttelt ihren Kopf und merkt, dass ihr Herz schneller wird. Durch die geöffnete Türspalte kam die warme Luft von drinnen und schlug ihr ins Gesicht, die dreckige Luft. Ihr wird übel. Sofort schließt sie die Tür. Dann geht sie wieder schnell zum Spülraum, wo die Laboranten die Gegenstände spülen.

Als sie vor dem Spülraum war, war ihr so, als wenn sie ihren schweren Körper nicht mehr tragen kann. Sie lehnt ihren Kopf an die Wand. Dann denkt sie an die vergangenen Jahre, als sie als Laborantin arbeitete, und erinnert sich an das Labor und ihre Kollegen. Damals machte sie dieselbe Arbeit, die die Kollegen im Labor jetzt machen. Ihre Freunde, mit denen sie früher gearbeitet hatte, sitzen  heute beim Frühstück zusammen bei der Weihnachtsfeier. Damals saßen sie oft beim Essen zusammen, da man einfache Arbeiter nicht von anderen unterschied. Dann bekam sie Mutterschaftsurlaub. Ihre Schwiegermutter wurde in dieser Zeit auch krank, sie wurde gelähmt. Sie musste auf sie aufpassen. Deshalb kündigte Frau Hoppe ihre Arbeit. Als sie jetzt an all das Vergangene dachte, fühlte sie sich fertig. Nach den 10 Jahren musste sie wieder in ihre  Arbeit zurückkehren. Doch diesmal musste sie als Hilfsarbeiterin anfangen. Jetzt war sie ein qualitätsloser Arbeiter. Als sie beim ersten Mal zu ihrer Arbeit zurückkehrte, merkte sie, dass ihre Kollegen gegenüber kalt geworden waren, sie wurde ganz kalt empfangen.

Dann nimmt sie ihren Kopf aus der Tür. Sie trocknet ihre feuchten Augen. „Dass ich nun hier als normale Arbeiterin arbeite, dass ihr als Laboranten, Ingenieure und als Sekretärinnen im Büro arbeitet, ist ein Zufall. Wie schade, dass man jetzt nicht mehr auf das Können der Arbeiter achtet, sondern durch Beziehungen oder einen Zufall wie beim Lotto eingestellt wird. Ihr könntet auch an meiner Stelle sein. Ich weiß auch, dass ihr früher im Dreck und unter noch schlechteren Bedingungen gearbeitet habt. Wie schnell habt ihr diese Tage vergessen. Jetzt könntet ihr auch an unserer Stelle sein“ sagte sie. Sie hatte zum Stehen keine Kraft mehr. Sie wollte sofort zum Spülraum.

Als sie in den Spülraum kommt, sieht sie Cetin, der seine Zeitung auf dem Tisch ausgebreitet hat und sie liest. Sie  lässt nicht merken, dass sie hereinkommt. Sie kommt bis zur Mitte des Raumes, steht wie eine Statue, schaut den lesenden Mann an. Sie dachte, dass es besser sei, wenn sie den Mann nicht stört. Doch dann wirft sie sich auf den Stuhl und sagt mit leiser und fester Stimme:

„Hast du unten unsere feiernden Freunde  gesehen? Die Thermosflaschen, die du aus dem Magazin mitgebracht hast und die Teller und die Tassen, die ich aus der Kantine mitgebracht habe, wie schön haben sie  es auf den Tellern geschmückt.“

Als der lesende Mann seinen Kopf hebt, sieht er sie vor sich, als wenn sie eine Statue wäre. Er hätte im Traum nicht daran gedacht, dass ein Gesicht sich so verändern kann. Er schaut in Frau Hoppe Gesicht. Sein Herz fängt zu schlagen an. Er bringt einige Sätze zusammen.

„Was ist los, du bist bleich, deine Lippen zittern. Bist du krank?“ konnte er zwingend fragen. Frau Hoppe dreht ihr Gipsähnliches Gesicht vom Fenster zur Seite.

„Ich habe nichts. Frühstück, Fest, Brot, Pelz, Weihnachten …“Aus ihrem Mund fielen diese Wörter, die zu keinem Satz führten. Cetin war entsetzt, schmeißt das Geo-Heft auf den Tisch und steht auf.

„Es wäre gut, wenn du zum Arzt gingest,“ sagte er und seine Stimme klingt zum ersten Mal anders. Die sich in den Augen von Frau Hoppe sammelnden Tränen kullern hinunter.

„Es ist besser, wenn ich die Gesichter dieser Menschen heute nicht mehr sehe. Ich werden nach Hause gehen. Ja, ja, ich werde nach Hause gehen,“ sagte sie. Cetin drehte sich zu ihr und redete mit einer kräftigen Stimme:

„Du arbeitest für ein menschliches Leben, verkaufst die Kraft deiner Arme, lässt deinen Schweiß auf der Stirn fließen. Die Arbeit, die du machst, muss einer machen. Weil du diese Arbeit machst, musst du stolz sein. Eine schwere und dreckige Arbeit ist zwar schlecht für die Gesundheit, aber einer muss es doch machen in dieser Gesellschaft. Deshalb musst du stolz sein, dass du so eine Arbeit machst. Arbeite du mit Stolz, denn die Menschen, die ohne Menschenstolz arbeiten, sollten sich schämen, die großen runden Metalltaler und die großen wertlichen Scheine anzunehmen. Menschen, die keine Selbstachtung haben, sind auch nicht fähig, andere zu lieben. Sie sind Sklaven eines Titels. Wenn du möchtest, kannst du nach Hause gehen, es wäre auch besser, dann könntest du die Vorbereitungen für das Fest erledigen und den Weihnachtsbaum schmücken. Sie wären schnell fertig und könnten länger feiern. „Frau Hoppe stand beschwerlich auf, wusch ihr Gesicht und die Hände. Cetin ging mit ihr bis zur Außentür. Bei der Rückkehr traf er Frau Kleinjäger. Sie holte eine Photokopie aus einem Buch heraus. Sie schauten sich an und lächelten. Dann fragte er:

„Oh, warum sind sie nicht bei der Weihnachtsfeier? Sind sie auch Ausländer, oder eine ungebildete Arbeiterin? „Er hatte ohne zu überlegen geredet und schaute beschämt zu Boden. Sie sagte lächelnd:

„Stimmt, ich bin auch eine Ausländerin, auch Arbeiterin. Ich bin jedoch kein Freund von denen, die Menschen nach Farbe und Rasse trennen. Ich fühle mich zu euch gehörig. Schauen sie, auch ich verdiene hier mein Brot, genau wie sie. Man hat mir diese Arbeit gegeben und ich mache sie. Anderen wurde an den Bändern und in den Produktionen Arbeit gegeben und sie machen sie. Was ist denn schon ein Laborant? Es ist auch eine Arbeit, wie jede andere. Ich kenne diese Situation, mein Vater ist auch ein Arbeiter. „Kurz vor dem Mittagessen kehrten einige in ihr Labor zurück. Dann befiehlt die Sekretärin, dass das Besteck und die Teller weggeräumt und in die Kantine gebracht werden solle. Da wurde der ausländische Arbeiter zornig und sagte mit fester Stimme:

„Wer gefeiert hat, soll den Saal wieder in Ordnung bringen und sauber machen. Es ist ihre Privatsache, nicht unsere.“

Er wirft die Tür zu und geht. Er hatte noch nicht die Mitte des Saals erreicht, da sieht er, dass in Dr. Schmidts  Labor schon das Mittagessen angefangen hat. Als der Laborchef ihn zu sich ruft und ihm befiehlt, alles bis 14 Uhr sauber zu machen, verliert er seine Geduld. Er geht hin und sagt:

„Suchen sie sich doch einen privaten Diener, ich bin hier nicht der Hausdiener, sondern Fabrikarbeiter in einer Fabrik.“

Dabei sieht er ihn an, als wolle er ihm ins Gesicht spucken. Der Chef zuckt zusammen, weicht zurück, stößt einen Farbeimer um und fällt hin. Die Laboranten lächelten…